Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, das gelingt mit der Agri-Photovoltaik: Auf landwirtschaftlichen Flächen lassen sich so gleichzeitig Nahrungsmittel und Solarstrom erzeugen – ein nicht zu unterschätzender Beitrag zur aktuellen Energie- und Agrarpreiskrise. Berechnungen einer Studie der Universität Hohenheim in Stuttgart und des Thünen-Instituts in Braunschweig zeigen, dass zehn Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe, die besonders gute Voraussetzungen mitbringen, rund neun Prozent des deutschen Strombedarfs abdecken könnten.
Die Folgen der Klimakrise beschäftigen die Bäuerinnen und Bauern seit vielen Jahren. In kaum einen Sektor wirken sich die zunehmenden Wetterextreme so massiv aus wie in der Landwirtschaft. „Mal ist der Mai zu trocken und zu heiß, mal bedroht plötzlicher Hagel die Ernte. Und genau hier können die Agri-Photovoltaikanlagen helfen. Bei der Agri-Photovoltaik werden Solarmodule auf hohe Stelzen montiert. Daneben und darunter kann weiterhin Landwirtschaft betrieben werden. So wird die Strom-Produktion auf einem Teil der Betriebsflächen zu einer wertvollen Zusatzeinnahme für Agrarbetriebe. Studien zeigen, dass die Gesamtproduktivität, also der Ertrag aus Landwirtschaft und Energieproduktion der Fläche, um mindestens 60 bis 70 Prozent steige, in trockenen Jahren sogar um 90 Prozent, sagt Jens Steiner, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Borkener Kreistag.
„Wir wissen alle: Um die Klimaziele zu erreichen, muss der Ausbau der erneuerbaren Energien noch schneller vorankommen. Wir brauchen sechs- bis achtmal so viel Solarenergie, wie wir heute produzieren. Wir begrüßen den Ausbau der Agri-Photovoltaik durch verbesserte Fördersysteme der Bundesregierung. So wird in Deutschland erstmals eine Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz speziell auch für Agri-Photovoltaik-Systeme ermöglicht“, ergänzt Gertrud Welper, Kreisvorsitzende der Grünen.
Wie genau Nahrungsmittel und Strom gleichzeitig produziert werden können, daran arbeitet derzeit ein Forschungsprojekt des Fraunhofer ISE. Je nachdem, was auf den Feldern angebaut wird, werden die Solarmodule zwischen oder über den Pflanzen aufgestellt. In einem Leitfaden geht das Fraunhofer ISE davon aus, dass grundsätzlich alle Kulturpflanzen geeignet seien – allerdings mit unterschiedlichen Auswirkungen auf die Erträge. Bei einer Bewirtschaftung der Fläche mit AgriPV wurden eine höhere Wassernutzungseffiziens und große Einsparung bei der Bewässerung festgestellt. In der Studie wurden sogar höhere Erträge bei Kartoffeln, Weizen und Tomaten in besonders trockenen Gebieten und Flächen nachgewiesen.
Kreis Borken unterstützt Kommunen bei der Planung von Freiflächen-PV
„Insbesondere viele Sonderkulturen, wie Spargel, Obst und Gemüseanbaueignen sich hervorragend für AgriPV-Anlagen. Das Regenwasser kann dabei gleichzeitig aufgefangen und zur gezielten Bewässerung genutzt werden. Damit kann auch gleichzeitig auf die Verschandelung der Landschaft mit Plastikabdeckungen verzichtet werden“, sagen die Grünen. Ein weiterer Vorteil der dezentral angelegten AgriPV-Anlagen liegt darin, dass deren Stromertrag oft zu einem erheblichen Anteil lokal genutzt wird, und der Netzanschluss im Regelfall keinen so starken Netzausbau wie bei anderen Freiflächen benötigt. Es erfolgt eine duale Nutzung mit einer Produktion von Nahrungsmitteln und Solarstrom auf derselben Fläche. Die Stromproduktion einer AgriPV-Anlage, die auf einem Hektar Fläche bis zu gesamt 1.000 kWp-Module platziert, ist mehr als 50-fach größer, als es dort mit dem Anbau von Raps oder Mais gelingt. Solcherlei Feldfrüchte wurden bislang als Energiepflanzen angebaut. Mais z.B. wird nach der Ernte in einer Biogasanlage verfüttert und das so produzierte Biogas anschließend mit einem Motor verstromt.
Für das gesamte Kreisgebiet, also für sämtliche 17 Kommunen, hat der kreis Borken gutachterlich durch das Fachbüro Enwelo analysieren lassen, welche Areale sich für Freiflächen-Photovoltaik besonders eignen. Das Büro ist auf Erneuerbare Energien spezialisiert und arbeitet mit dieser Aufgabenstellung auch für andere Kreise.. Die Studie berücksichtigt die Belange des Natur- und Umweltschutzes und der Landwirtschaft nach einem einheitlichen kreisweiten Kriterienkatalog. Die in einem Handlungsleitfaden zusammengefassten Ergebnisse können in der anschließenden kommunalen Planung als Orientierung dienen.
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