“Angst vor Abschiebung ist keine Grundlage für eine erfolgreiche Teilhabe in unserer bunten Gesellschaft”

Der fluchtpolitische Sprecher der Grünen Landtagsfraktion Benjamin Rauer ist zu einem kommunalpolitischen Dialog in den Kreis Borken gekommen. Der Landtagsabgeordnete diskutierte mit Kommunalpolitiker*innen und in der Flüchtlingshilfe Aktiven die Herausforderungen, das Ankommen nach der Flucht zu gestalten. “Es ist unsere humanitäre Verpflichtung, für Menschen zu sorgen, die vor Krieg und Verfolgung zu uns fliehen. Die Landesregierung steht an der Seite der Städte und Gemeinden in NRW. Und wir wissen, dass auch sie selbst solidarisch sind und aktuell Tausenden Menschen helfen, die vor dem russischen Angriffskrieg Schutz in NRW suchen,” sagte Rauer. “Wir müssen weiterhin eine hohe Priorität auf die menschenwürdige Unterbringung der Geflüchteten legen. Das ist nur zu schaffen, wenn Bund, Land und Kommunen gemeinsam Verantwortung übernehmen. Viel ist schon gelungen. Die Kommunen leisten Herausragendes.” Das Land NRW hat die Erstaufnahme-Kapazitäten mehr als verdoppelt, um die Kommunen zu entlasten, und baut die Zahl der Plätze weiter aus. Aber die Lage ist weiterhin schwierig. Statt weiteren Einmalzahlungen ist aus Raues Sicht künftig eine dauerhafte Unterstützung der Kommunen geboten. “Es geht dabei nicht nur um die Unterbringung, sondern auch um Mittel für Beratungs- und Betreuungsangebote sowie Sprach- und Integrationskurse,“ betont der Abgeordnete.

Im Laufe des Abends diskutierten die Anwesenden über die unterschiedlichsten Probleme und Herausforderungen bei der Unterstützung und Integration von Geflüchteten. Die Themen reichten von bezahlbarem Wohnraum über die Anerkennung von Bildungsabschlüssen hin zu aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Rauer, der auch Sprecher für Arbeit in der Grünen Landtagsfraktion ist betonte: “Wir haben einen massiven Arbeits- und Fachkräftemangel in Deutschland, besonders auch in Nordrhein-Westfalen. Jedes Jahr verlassen mehr Arbeitskräfte den Arbeitsmarkt, gehen in den Ruhestand, als dass neue hinzukommen. Laut dem Fachkräftereport der IHK fehlten bereits 2019 über 400.000 Fachkräfte. Der aktuelle IHK-Fachkräftemonitor geht von fast 840.000 offenen Stellen bis zum Jahre 2030 aus.” Gerade deswegen müssten Geflüchtete schnell dabei unterstützt werden, im ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und ihre Qualifikationen auch ausschöpfen dürfen.

“Aus meiner Arbeit als Sozialarbeiter kenne ich prekäre Verhältnisse von geduldeten Menschen sehr gut. Viele Menschen mit Duldung leben in ständiger Angst, in ein Land abgeschoben zu werden, in dem ihnen Verfolgung, Gewalt oder Hunger droht. Sie leben ihr Leben in Deutschland in einer Grauzone. Sie kommen rein rechtlich nie wirklich an, aber sie kommen auch nicht zurück. Dadurch fehlt ihnen die Perspektive für eine Teilhabe in unserer Gesellschaft,” sagte Rauer. In NRW leben ca. 64.000 Menschen in einer Duldung, die entgegen der vielen Schranken, die ihnen gesetzt werden, einen Job gefunden und Deutsch gelernt haben. Ihre Kinder besuchen die Schule, beginnen eine Ausbildung oder ein Studium. Eine der ersten Amtshandlungen unserer grünen Ministerin Josefine Paul war es, die Möglichkeiten des Chancen-Aufenthaltsrechts in ihren Vorgriffserlass einzubringen, um die Menschen vor einer Abschiebung zu bewahren. Denn trotz einer guten Ausbildung und gelungener Integration können viele Betriebe die geduldeten Personen nicht einstellen. Es mangelt schlicht an aufenthaltsrechtlicher Sicherheit und Maßnahmen der Unterstützung besonders im schulischen Teil der dualen Ausbildung. Nun gilt es, gemeinsam die Weichen dafür zu stellen, dass Integrations- und Sprachangebote so aufgestellt werden, dass die neuen Regelungen gut umgesetzt werden können. “Wir setzen damit das Ziel, die ausgrenzende Politik für Menschen mit einer Duldung endlich zu beenden. Angst vor Abschiebung ist keine Grundlage für eine erfolgreiche Teilhabe in unserer bunten Gesellschaft,” so Rauer.

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