Gutachten belegt: Atommüll-Exporte nach Russland offenbar rechtswidrig
Am 5. Oktober startete ein neuer Transport von hunderten Tonnen abgereichertem Uran aus der Atomfabrik in Gronau nach Russland. “Zur Zulässigkeit dieser Atommüll-Exporte hat die Grüne Bundestagsfraktion ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das die Rechtswidrigkeit dieser Transporte belegt. Konkret geht es um einen Verstoß der Bundesregierung gegen die Russland-Sanktionen der EU bei der Exportgenehmigung nach Dual-Use-Verordnung, denn das abgereicherte Uran kann zur Produktion uranhaltiger Munition verwendet werden,” sagt Gertrud Welper, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag.
Für die Grüne Kreistagsfraktion war schon immer klar: Der Export von sogenanntem abgereicherten Uran nach Russland ist illegal. Denn aus unserer Sicht ist der Rückstand aus der Herstellung von Kernbrennstoff nichts anderes als Atommüll. Als solcher dürfte er nach deutschem Recht nicht ins Ausland exportiert werden. Doch aus Sicht der URENCO sowie der Bundesregierung handelt es sich nicht um Abfall, sondern um einen Wertstoff, da sich aus dem abgereicherten Uran theoretisch neue Produkte herstellen lassen – zum Beispiel, nach entsprechender Anreicherung. Doch auch diese Wertstoff-Argumentation lässt den Uran-Export in einem rechtlich mehr als zweifelhaftem Licht erscheinen. Denn abgereichertes Uran ist auch der wesentliche Grundstoff zur Herstellung von sogenannter Uranmunition – Projektile, die wegen ihrer hohen Dichte eine besondere Durchschlagskraft haben.
Fakt ist: Seit Mai 2019 wird erneut abgereichertes Uran in Form von Uranhexafluorid aus der Urananreicherungsanlage Gronau nach Russland und dort zur Atomanlage Novouralsk exportiert. Damit wurde eine Praxis wiederaufgenommen, die 2009 zunächst eingestellt worden war. Novouralsk ist eine der wenigen verbleibenden ,geschlossenen Atomstädte”, die ein Standort für die ehemals sowjetische Atomwaffenproduktion war und für die weiterhin besondere Bestimmungen der Geheimhaltung gelten. Die Genehmigung des Exports abgereicherten Urans nach Russland setzt nach der EUSanktionsverordnung 833/2014 die begründete Überzeugung der Genehmigungsbehörde voraus, dass ein Risiko der militärischen Verwendung bzw. der Weitergabe an· einen militärischen Endnutzer nicht besteht.
Aus Antworten der Bundesregierung auf parlamentarischen Anfragen der Grünen Bundestagsabgeordneten Sylvia Kotting-Uhl geht aber hervor, dass das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ein solches Risiko nicht ausschließen kann. Aus diesen Antworten geht ferner hervor, dass das BAfA nur dann eine Genehmigung nach Dual-Use-Verordnung verweigert, wenn ihm konkrete Anhaltspunkte für das Risiko einer militärischen Endverwendung vorliegen. Die EU-Sanktionsverordnung ist aber so auszulegen, dass die Genehmigungsbehörde sich aktiv ein Bild von den Risiken einer möglichen militärischen Verwendung des Dual-Use-Gutes machen muss, um zu der positiven Überzeugung zu gelangen, dass diese nicht bestehen. Der Gutachter Bernhard Wegener von der Universität Erlangen-Nürnberg kommt vor diesem Hintergrund zu dem Fazit, dass das Risiko der militärischen Nutzung nicht ausgeschlossen werden konnte. “Die dennoch erteilte Genehmigung erscheint daher mit Unionsrecht unvereinbar,” stellt er in seinem Gutachten fest.
“Wir fordern den sofortigen Stopp der illegalen Uranmüllexporte von Gronau nach Russland,” sagt Jens Steiner, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen. Die offenbar völlig sorglose Genehmigungskultur der Bundesregierung bei den Uranexporten von URENCO müsse endlich gestoppt werden, auch “weil die Sicherheit der Bevölkerung bei einem Unfall des Zuges nicht gewährleistet sei.”
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