Ausbildungsduldungen im Kreis Borken

Am 6. August 2016 trat das Integrationsgesetz in Kraft, mit dem erstmals ausdrücklich der Anspruch auf Erteilung einer Duldung zum Zwecke der Ausbildung unabhängig von Alter und Herkunftsland ins Aufenthaltsgesetz aufgenommen wurde (Ausbildungsduldung). Der Paritätische Wohlfahrtsverband führt dazu in der 2. Auflage seiner „Arbeitshilfe“ zur Ausbildungsduldung vom August 2018 aus: „Laut Gesetzesbegründung sollte die Neufassung des §60a Abs. 2 S. 4 ff. AufenthG dazu dienen, für Auszubildende und Ausbildungsbetriebe mehr Rechtssicherheit zu schaffen und ‚das diesbezügliche aufenthaltsrechtliche Verfahren zu vereinfachen‘ (BT-Drs. 18/8615, vom  31.05.2016, S. 48). Die bisherigen Erfahrungen zeigen jedoch, dass sich die Erteilung der Ausbildungsduldung trotz des gesetzgeberischen Ziels in der Praxis oftmals schwierig gestaltet.“

Vor diesem Hintergrund bittet die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Kreistag um Beantwortung folgender Fragen:

  1. Wie viele Personen haben im Kreis Borken seit 2016 eine sogenannte Ausbildungsduldung erhalten?
  2. Wie viele Anträge auf Erteilung einer Ausbildungsduldung wurden seit 2016 von der Ausländerbehörde abgelehnt und mit welcher Begründung wurden diese abgelehnt?
  3. Werden Geflüchtete, die während des Asylverfahrens einen Ausbildungsplatz erhalten, aufgefordert eine Erklärung zu unterschreiben, in der sie sich verpflichten die Ausbildung freiwillig zu beenden, falls ihr Antrag abgelehnt wird?
  4. Bei wie vielen Personen, die eine sogenannte EQ (Einstiegsqualifizierung) besuchen und Aussicht auf eine daran anschließende Berufsausbildung haben, wurde eine Ausbildungsduldung ausgestellt?

2 Kommentare

    • Jens Steiner

      Ja, die Kreisverwaltung hat unsere Frage mittlerweile beantwortet:

      Grundsätzlich gilt, dass eine Duldung nach § 60a AufenthG lediglich eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers bewirkt, dessen Ausreisepflicht durch die Duldung unberührt bleibt.

      Mit dem Integrationsgesetz wurde zum 6. August 2016 die Ausbildungsduldung eingeführt (§ 60a Absatz 2 Satz 4 ff. AufenthG). Diese zielt darauf ab, für die Dauer einer qualifizierten Berufsausbildung mehr Rechtssicherheit für Geduldete und Ausbildungsbetriebe zu schaffen, indem bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Duldungsanspruch begründet wird. Der Abschluss einer Berufsausbildung eröffnet sodann die Möglichkeit einer Verlängerung der Duldung zur Beschäftigungssuche für sechs Monate und in der Regel den Weg in eine Aufenthaltserlaubnis für qualifizierte Geduldete zum Zweck der Beschäftigung nach § 18a AufenthG (3+2-Regelung).

      Die Voraussetzungen für eine Ausbildungsduldung sind im Wesentlichen:
      – Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland;
      – Es stehen keine konkreten Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevor;
      – Es liegt kein Beschäftigungsverbot vor (z.B. sichere Herkunftsstaaten, Identitätstäuschung oder Verletzung der Mitwirkungspflichten)
      – Es liegen keine Straftaten vor (Außer acht bleiben Straftaten über 50 Tagessätze bzw. 90 Tagessätze für Straftaten nach dem AufenthG)

      Seitens der Ausländerbehörde Borken wird die Option der Ausbildungsduldung gemeinsam mit den Betrieben, Flüchtlingshelfern und den Betroffenen soweit möglich positiv begleitet. Sollten Voraussetzungen abseits der normierten zwingenden Ausschlussgründe (noch) nicht vorliegen, werden zielgerichtet Vereinbarungen getroffen, um Einstiegsqualifizierungen und Ausbildungen unterbrechungsfrei Zug um Zug zu ermöglichen. Seitens der Bundesregierung ist geplant, die Regelung zur Ausbildungsduldung neu zu fassen. Der Gesetzesentwurf beinhaltet die Überführung bisheriger Regelung der Ausbildungsduldung in eine eigene Norm, Konkretisierung wesentlicher Voraussetzungen, die Einbeziehung staatlich anerkannter Assistenz- oder Helferausbildungen unter der Voraussetzung sich anschließender qualifizierter Berufsausbildung in einem Mangelberuf sowie die Schaffung einer Beschäftigungsduldung bei Festlegung klarer Kriterien.

      Zu den gestellten Fragen:
      1. Wie viele Personen haben im Kreis Borken seit 2016 eine sogenannte Ausbildungsduldung erhalten?
      Aktuell befinden sich 52 ausreisepflichtige Personen in einer qualifizierten Berufsausbildung bzw. einer Ausbildungsduldung. 42 weitere Personen in Ausbildung befinden sich im laufenden Asyl(klage)verfahren. Bisher gab es nur vereinzelt Abschlüsse. Wechsel von Ausbildungsberufen, Verlängerung von Ausbildungen oder auch Abbrüche werden nicht statistisch erfasst.

      2. Wie viele Anträge auf Erteilung einer Ausbildungsduldung wurden seit 2016 von der Ausländerbehörde abgelehnt und mit welcher Begründung wurden diese abgelehnt?
      Grundsätzlich wird das Instrument der Ausbildungsduldung positiv begleitet. Sollten im Vorfeld zu einer denkbaren Berufsausbildung die Erteilungsvoraussetzungen nicht vorliegen bzw. nicht zu erreichen sein, wird in der Regel kein Antrag gestellt. Dementsprechend kam es bisher nur in wenigen Einzelfällen zu Ablehnungsbescheiden. Statistisch werden diese nicht erfasst.

      3. Werden Geflüchtete, die während des Asylverfahrens einen Ausbildungsplatz erhalten, aufgefordert eine Erklärung zu unterschreiben, in der sie sich verpflichten die Ausbildung freiwillig zu beenden, falls ihr Antrag abgelehnt wird?
      Nein. Wurde eine Berufsausbildung bereits während eines Asylverfahrens mit dem Status einer Aufenthaltsgestattung begonnen, können die Betroffenen die Berufsausbildung auch bei bestehender Ausreisepflicht fortführen. Sollten dann (noch) nicht alle Erteilungsvoraussetzungen vorliegen (z.B. die Klärung der Identität), wird zunächst eine Ermessensduldung erteilt, um dann Zug um Zug eine Ausbildungsduldung zu erteilen.

      4. Bei wie vielen Personen, die eine sogenannte EQ (Einstiegsqualifizierung) besuchen und Aussicht auf eine daran anschließende Berufsausbildung haben, wurde eine Ausbildungsduldung ausgestellt?
      Einstiegsqualifizierungen führen die Ausländer erst an eine Berufsausbildung heran oder befähigen sie dazu, die erforderliche Ausbildungsreife herzustellen. Sie sind keine qualifizierten Berufsausbildungen i.S.v. § 60a Absatz 2 Satz 4 AufenthG. In der Praxis werden bei Einstiegsqualifizierungen – wenn die Voraussetzungen einer Ausbildungsduldung im Übrigen vorliegen – Ermessensduldungen mit dem Ziel ausgesprochen, anschließend eine Ausbildungsduldung zu erteilen. Grundsätzlich werden Einstiegsqualifizierungen ebenfalls positiv begleitet, da die Chance, die Ausbildung erfolgreich abzuschließen, deutlich steigt. Ermessensduldungen aufgrund von Einstiegsqualifizierungen werden nicht statistisch erfasst.

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