Die Grünen im Kreistag Borken begrüßen, dass die Opposition aus Grünen und SPD im Landtag NRW gegen die Abschaffung der Bürgermeister-Stichwahl vor den Verfassungsgerichtshof in Münster zieht. Ohne die Stichwahl sei zu erwarten, dass es künftig viele Bürgermeister und Landräte gebe, denen nur eine Minderheit der Wähler die Stimme gegeben hat.
„CDU und FDP gefährden mit der Abschaffung der kommunalen Stichwahlen die demokratische Legitimation vieler kommunaler Amtsträger. Die Stichwahlen sind bereits einmal abgeschafft worden – in der Folge wurden Amtsträger mit deutlich weniger als der Hälfte der abgegeben Stimmen gewählt. Das bedeutet im Umkehrschluss auch: Es gab Bürgermeister und Landräte, die von mehr Menschen abgelehnt wurden, als sie Wählerinnen und Wähler hatten. Das ist ein demokratisches Unding. Aus gutem Grund hat die rot-grüne Landesregierung deshalb die Stichwahlen wieder eingeführt, denn sie garantieren, dass alle Gewählten zumindest einmal im Wahlverfahren von mehr als der Hälfte der Wählerinnen und Wähler eine Zustimmung erhalten haben,” sagt Gertrud Welper, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag.
Im April hatten CDU und FDP im Landtag gegen die Stimmen der Opposition die Abschaffung der Stichwahlen durchgesetzt und zugleich eine neue Einteilung der Wahlkreise beschlossen. Nordrhein-Westfalen wäre damit das einzige Bundesland ohne Stichwahl. Bisher kam es zu einer Stichwahl zwischen Erst- und Zweitplatziertem, wenn keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang die Mehrheit erringen konnte. Die nächste Kommunalwahl steht im Herbst des kommenden Jahres an.
Grüne und SPD haben den renommierten Düsseldorfer Staatsrechtler Martin Morlok beauftragt die Abschaffung der Stichwahlen zu überprüfen. Dieser sieht darin einen Verstoß gegen das Demokratieprinzip, wenn Kandidaten nicht mehr durch die Mehrheit legitimiert seien. Die Parteienlandschaft sei in den letzten Jahren vielfältiger geworden und die stärker gewordenen Grünen hätten nun auch durchaus Chancen, Bürgermeister oder Landräte zu stellen. Werde jemand nur knapp mit rund 30 Prozent gewählt, dann würde er nicht die Mehrheit der Bürger repräsentieren, sagt Professor Morlok.
Zwar hatte das Landesverfassungsgericht die Abschaffung der Stichwahl 2009 schon einmal für rechtens erklärt. Im vierten Leitsatz des Urteils heißt es aber wörtlich: „Der Gesetzgeber ist gehalten, die Wahlverhältnisse daraufhin im Blick zu behalten, ob das bestehende Wahlsystem den erforderlichen Gehalt an demokratischer Legitimation auch zukünftig zu vermitteln vermag.“ Diesem Auftrag sind CDU und FDP aus Sicht der Grünen jedoch nicht ausreichend nachgekommen. So wechselte bei der vergangenen Kommunalwahl in einem Drittel der Fälle die Führung im zweiten Wahlgang. Die Stichwahl war also offensichtlich nötig, damit der oder die von einer Mehrheit gewünschten Kandidat*in, ins Amt gewählt werden konnte. Ferner erzielten bei den vergangenen Kommunalwahlen im Jahr 2015 die siegreichen Kandidatinnen und Kandidaten in allen 43 Stichwahlen in kreisangehörigen Städten und Gemeinden mehr Stimmen als im ersten Wahlgang und kamen so mit höherer Legitimation ins Amt.
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