Konsequenzen aus dem Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt für die nächste Sitzung des Ausschusses für Natur, Umwelt, Landwirtschaft und Klimaschutz den folgenden Tagesordnungspunkt aufzunehmen: Konsequenzen aus dem Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts für den Kreis Borken

Die Kreisverwaltung wird gebeten, zu diesem Tagesordnungspunkt darzustellen, wie sich das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts auf die Klimaschutzaktivitäten und die Klimafolgenanpassung des Kreises Borken auswirkt.

Sachdarstellung:

Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 29. April wurden die bisherigen Regelungen des Bundes-Klimaschutzgesetzes für verfassungswidrig erklärt. Begründet wird dies damit, dass im Klimaschutzgesetz hinreichende Maßgaben für die weitere Emissionsreduktion ab dem Jahr 2031 fehlen und somit das Pariser Klimaabkommen nicht ohne drastische Einschränkungen bei den Grundrechten eingehalten werden kann. Am 12. Mai 2021 hat die Bundesregierung die erste Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetzes veröffentlicht. In den nächsten Wochen wird das Bundeskabinett ein Sofortprogramm erarbeiten, um zu konkretisieren, wie die neuen Ziele erreicht werden können.

Die Karlsruher Richter*innen machen den wissenschaftlichen Kenntnisstand zur Grundlage ihres Urteils und zitieren über 40-mal aus dem letzten Gutachten des Sachverständigenrats für Umweltfragen. Notwendige Grundlage aller politischen Entscheidungen müsse das maximale Treibhausgasbudget sein, das uns in Deutschland gemäß der Klima-Beschlüsse von Paris noch zur Verfügung steht. Wir müssen genauso weit denken, wie unser Handeln wirkt. Denn in den nächsten zehn Jahren, fällen wir irreversible Entscheidungen für die nächsten Jahrtausende.

Das Bundesverfassungsgericht hat diese Dimension der politischen Verantwortung spektakulär ins Licht der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Das Urteil schafft endlich juristische Klarheit und macht deutlich, dass Freiheit nicht nur immer die Freiheit der anderen, sondern eben auch die Freiheit der künftigen Menschen meint. Dies Rechts- und Verantwortungsverständnis konsequent zuende gedacht bedeutet konkret: Klimaschutz duldet keinen Aufschub. Rasches Handeln ist erforderlich.

Damit ist das Klimaurteil ist ein bedeutender Schritt für die junge Generation und ein voller Erfolg für den Klimaschutz. Klimaschutz ist ein Grundrecht. Freiheit bedeutet, die zukünftigen Generationen nicht zu schädigen. Das Bundesverfassungsgericht zitiert das Vorsorgeprinzip des Staates aus Artikel 20a Grundgesetz. Der Staat muss künftige Generationen vor dem Klimawandel schützen und darf Lasten nicht unnötig auf zukünftige Generationen verschieben.

Alle politischen Entscheidungen müssen im Einklang mit den Nachhaltigkeits- und Klimazielen stehen. Klimaschutzziele müssen langfristig, also auch für die Jahrzehnte nach 2030, definiert werden. Und zwar eindeutig. Es ist die logische – und klimapolitisch mehr als notwendige – Konsequenz, dass auch der Kreis Borken Klimaneutralität bis spätestens 2045 erreicht. Derzeit befindet sich das Klimaschutzkonzept des Kreises in der Neuaufstellung. Schon jetzt ist klar: Das Klimaschutzkonzept muss dafür sorgen, dass wir im Westmünsterland verbindlich mehr C02-Äquivalente einsparen, um der Klimakrise mit ihren brutalen Folgen wie Dürren und Wasserknappheit entgegenzuwirken. Verbindlich bedeutet, dass wir uns klare Ziele setzen und Wege und Maßnahmen auf dem Weg zu diesen Zielen klar benennen. Klimaschutz ist ein Grundrecht – diesen Stellenwert muss er in unserer Politik haben!

Der Kreis Borken muss seiner Vorreiterrolle im Bereich Klimaschutz auch zukünftig gerecht werden und dafür Sorge tragen, dass zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens und der politisch beschlossenen Klimaschutzziele für den Kreis Borken die Anstrengungen im Bereich Klimaschutz weiter intensiviert werden. Um weiterhin Vorreiter zu sein und unseren Beitrag zum Paris-Ziel zu leisten, sind ambitioniertere Ziele als bisher erforderlich. Die zu erwartenden Änderungen des Klimaschutzgesetzes mit geringeren Treibausgas-Restbudgets und Sanktionierungen bei der Nichterreichung der Sektorziele, ein ggf. vorgezogener Kohleausstieg, eine schnellere Anhebung der CO2-Bepreisung – dies alles lässt erwarten, dass bundes- und europaweit eine neue Phase und Verbindlichkeit im Klimaschutz beginnt.

Unter diesen Gesichtspunkten hat der Kreis Steinfurt gerade 17 konkrete Maßnahmen aus den Sektoren Strom, Wärme, Mobilität und Umwelt ausgewählt unter der Prämisse, dass diese im direkten oder indirekten Einflussbereich des Kreises stehen:

Die Maßnahmen aus dem Sektor Strom:
1. PV-Ausbau auf allen öffentlichen Gebäuden
2. PV-Ausbau auf privaten Gebäuden
3. PV-Ausbau auf Gewerbegebäuden
4. PV-Freiflächenausbau (entlang Bundesautobahnen, Bundesstraßen, Bahntrassen)
5. Ausbau der Windenergie
6. Versorgung aller öffentlichen Gebäude mit Strom aus Erneuerbaren Energien
7. Ausbau der Marke „Unser Landstrom“ (Sicherung der Post-EEG Anlagen)

Die Maßnahmen aus dem Sektor Wärme:
8. Umstieg von fossilen Heizungen auf alternative Energieträger in Bestandsgebäuden
9. Erhöhung der Sanierungsrate von Bestandsgebäuden
10. Anschluss aller öffentlichen Gebäude an regenerative Wärmenetze / Umstieg auf regenerative Energieträger
11. Installation von Wärmenetzen in unmittelbarer Nähe von vorhandenen Biogasanlagen

Die Maßnahmen aus dem Sektor Mobilität:
12. Klimaneutraler ÖPNV
13. Ausbau des Carsharings mit Elektroantrieb im urbanen Raum
14. Klimaneutrale PKW-Flotten in den Kommunen und auf Kreisebene – Umrüstung auf BEV

Die Maßnahmen aus dem Sektor Umwelt und Sonstige:
15. Energieeffiziente Abwasserbeseitigung im Kreis Steinfurt
16. CO2-Minderungs-Gutschein
17. Pflanzung von Wäldern und Wallhecken

Auch der Kreis Borken muss nun – insbesondere vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes – seine Klimaschutzmaßnahmen weiter intensivieren und konkretisieren. Für die zukünftige Umsetzung ist dafür die Erarbeitung eines umsetzungsorientierten Handlungsprogramms erforderlich, das die „Hausaufgaben“ der Kreisverwaltung (für eigene Gebäude, Energieverbrauch und -erzeugung, Mobilität etc.) ebenso umfasst wie die breite Beteiligung der Menschen aus den Kommunen, den Unternehmen und der Bürgerschaft des Kreises. Dafür sind finanzielle und ggf. personelle Ressourcen erforderlich.

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