An der CDU gescheitert: Der Kreis Borken wird kein sicherer Hafen.

Breiten Raum nahm in der gestrigen Sitzung des Kreistags die Diskussion um den von der SPD eingebrachten Vorschlag, der Kreis solle dem Bündnis „Seebrücke“ beitreten, ein. In dem Antrag wurde vorgeschlagen, dass der Kreis Borken sich bereit erklärt, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, insbesondere aus den überfüllten griechischen Flüchtlingslagern, direkt aufzunehmen und unterzubringen.

Diese Aufnahme sollte zusätzlich zur Verteilungsquote Asylsuchender geschehen. Der Kreis Borken sollte dafür die notwendigen Ressourcen für eine menschenwürdige Versorgung – insbesondere in den Bereichen Wohnen, Betreuung, medizinische Versorgung und Bildung zur Verfügung stellen. Dazu sollte der Kreis Borken dem Bündnis „Seebrücke“ beitreten. Am Ende der Diskussion votierte die Mehrheit aus CDU, FDP und AfD gegen den Vorschlag, während SPD, Grüne, UWG und Linke/Piraten den Antrag in einer sehr emotional geführten Debatte unterstützten. 

Es gelte, ein Zeichen der Humanität zu setzen, forderte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Jens Steiner, in der Debatte. „Angesichts des unvorstellbaren Leids und des Elends, dem die flüchtenden Menschen ausgesetzt sind, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir gerade den Schwächsten unter den Schwachen helfen,“ sagte Steiner. „Wir wollen und dürfen das Sterben vor unseren Augen nicht weiter hinnehmen“, begründete er die Unterstützung der Grünen für den Antrag.

Die Kreistagsmehrheit war jedoch nicht zu einem Zeichen der Humanität des Westmünsterlandes zu bewegen. Die Rettung und die Aufnahme der notleidenden Flüchtlinge sei keine kommunale Aufgabe, sondern eine europäische. Die Bundesregierung stehe in der Verantwortung, mit der EU eine europäische Lösung für das Drama zu suchen und umzusetzen. Dann sei man natürlich bereit, unseren Anteil zu leisten, argumentierten CDU-Vertreter. Dein darüber hinausgehendes Engagement war für die CDU nicht zustimmungsfähig. Die Fraktionen von Grünen, SPD und UWG waren angesichts der strikten Ablehnung durch die CDU sichtlich erschüttert. Stießen jedoch auf taube Ohren. Die in der Debatte gestellte Frage des UWG-Fraktionsvorsitzenden Jörg von Borcyskowski, wie es sein könne, dass der Kreistag bei einem solchen Thema keine Einigkeit erziele, es gehe schließlich um die Rettung von Kindern, kommentierte Landrat Zwicker mit dem Zwischenruf: „Dann stellen sie halt nicht solche Anträge.“

Für immer mehr Städte und Gemeinden, Kirchen und Akteure der Zivilgesellschaft sind die katastrophalen Zustände auf den griechischen Inseln und das Scheitern der europäischen Politik Anlass, selbst Verantwortung zu übernehmen. Kommunen in NRW, die Teil des Bündnisses „Sichere Häfen“ sind, erklären sich bereit, über den Königsteiner Schlüssel hinaus Kinder und weitere schutzbedürftige Geflüchtete aus den griechischen Lagern bei sich aufzunehmen. Sie stellen sich mit dieser Initiative der Organisation SEEBRÜCKE gegen die Abschottungspolitik Europas und leisten selbst einen Beitrag, um mehr Menschen ein sicheres Ankommen zu ermöglichen. Ohne bundes- oder landesweites Abkommen sind ihnen die Hände allerdings gebunden.

Die Situation von Geflüchteten an der türkisch-griechischen Grenze spitzt sich dramatisch zu. Nach der von der Türkei verkündeten Öffnung der Grenze zur EU brachen mehrere tausend Geflüchtete nach Europa auf. Laut UNHCR harren aktuell ca. 13.000 Migrantinnen und Migranten vor der Grenze zur Griechenland aus. Der türkische Präsident Erdoğan missbraucht die Schutzsuchenden als Erpressungsmasse gegen die EU für seine innen- und außenpolitischen Interessen. Dieser zynische Schachzug kommt keineswegs überraschend. Ursache dafür ist der viel kritisierte Flüchtlingsdeal mit der Türkei und der Unwille der Mitgliedstaaten Verantwortung für eine gerechte Verteilung von Geflüchteten in der EU zu übernehmen. Das gewaltsame Vorgehen Griechenlands gegen die Geflüchteten und, damit verbunden, die faktische Aussetzung des Rechts auf Asyl dürfen so nicht hingenommen werden.

In den europäischen Hotspots auf den griechischen Inseln verschlechtert sich die Lage zunehmend. Die erschütternden Bilder über die menschenunwürdigen Zustände sind längst bekannt, genauso wie das Leid und Elend der Schutzsuchenden in den hoffnungslos überfüllten Camps. Neben fatalen hygienischen und medizinischen Bedingungen bleibt vielen der Zugang zu rechtlichen Strukturen verwehrt. Dies betrifft auch die Registrierung der Geflüchteten, mit der die griechischen Behörden aufgrund der Überbelegung der Camps trotz Unterstützung des UNHCR und weiteren Nichtregierungsorganisationen überfordert sind. Die dramatischen Zustände führten Ende Januar sogar zu einem Generalstreik der unterbesetzten Behörden vor Ort. Unter diesen Umständen leiden insbesondere die Schutzbedürftigsten unter ihnen: Schwangere, Frauen, Menschen mit Behinderung und über 5.300 unbegleitete Minderjährige.

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