Schnell und sicher unterwegs : Grüne Fraktion will Radschnellwege ausbauen

Nordrhein-Westfalen ist das Fahrradland Nummer eins in Deutschland. Rund 14.000 Kilometer ausgewiesenes Radverkehrsnetz verbinden die Städte und Gemeinden. Radstationen und der Radroutenplaner sind für viele andere Bundesländer eine Blaupause. Doch damit nicht genug – der Radverkehr kann einer der Schlüssel sein, um die Verkehrswende in NRW einzuleiten. „Mit Radschnellweg-Projekten wie dem Regio.Velo von Isselburg über Bocholt, Rhede und Borken bis nach Coesfeld wird daran gearbeitet, analog zu den Niederlanden ein flächendeckendes Netz von Radschnellwegen entstehen zu lassen,“ betont Jens Steiner, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag.

Neben den bereits fortgeschrittenen Planungen zum RS2, dem Regio.Velo, werden auch die Pläne zu einer Verlängerung des niederländischen Radschnellwegs F 35 (von Nijverdal bis zur Grenze in Glanerbrug) konkreter. „Es wird untersucht, ob der Radweg über die Grenze durch Gronau bis nach Ochtrup verlängert werden kann mit einer möglichen späteren Weiterführung bis nach Münster. Eine erste Studie dazu, die im Rahmen  des Interreg-Programms von der EU kofinanziert wurde, liegt bereits vor,“ sagt der Gronauer Kreistagsabgeordnete Robert Brandt (DIE LINKE).

Der klassische Denkansatz, der das Fahrrad vorzugsweise als Verkehrsmittel auf Kurzstrecken bis 3 Kilometer sieht, ist überholt, erklärt der ÖPNV-Experte der GRÜNEN Kreistagsfraktion, Richard Henrichs. „Mit Radschnellwegen und der steigenden Nutzung von E-Fahrrädern vergrößern sich entscheidend die zurückgelegten Distanzen und diversifizieren sich die Einsatzzwecke. Ein landesweites Radschnellwegenetz wird diese Positiveffekte noch einmal deutlich steigern.“

In den Niederlanden sind die schnellen Direktverbindungen für den Radverkehr längst ein Erfolgsmodell – vor allem im Berufsverkehr. Hier tragen sie entscheidend dazu bei, den Verkehr vom Auto aufs Rad zu verlagern. Der Begriff Radschnellweg ist eine Übertragung des niederländischen ‚fietssnelweg‘ in Deutsche. In der deutschen Adaption geht allerdings das erklärende Wortspiel verloren, denn der Begriff leitet sich von ‚autosnelweg‘ ab, dem niederländischen Wort für „Autobahn“. Und an den Qualitätsmerkmalen für Autobahnen bemisst sich dann auch die Definition für einen fietssnelweg: Minimum sind zwei Fahrstreifen (einer je Richtung) mit einer Breite von 2,00 m (je Fahrstreifen!), wobei ausschließlich Fahrräder (einschließlich Pedelecs, aber keine Mofas) zugelassen sind. Fußgänger erhalten in aller Regel daneben einen eigenen Bürgersteig. Ähnlich einer Autobahn soll ein fietssnelweg soweit irgend möglich kreuzungsfrei sein, was durch Brücken und Unterführungen erreicht wird. Die Zufahrt erfolgt wiederum autobahnähnlich über Anschlussstellen. Und eine glatte Asphaltdecke gehört selbstverständlich auch dazu.

Diese Qualitätskriterien zielen nicht auf die Maximierung der Höchstgeschwindigkeit; es geht vielmehr um eine möglichst hohe Durchschnittsgeschwindigkeit auf längeren Strecken. Selbstständig geführte Radwege mit vergleichbarem Ausbaustandard gibt es schon lange in vielen niederländischen Städten.

In ganz Deutschland nutzen von etwa 30 Millionen Pendlern über 60 Prozent das Auto, obwohl gut die Hälfte der Pendler für den Weg zur Arbeit lediglich 10 bis 30 Minuten braucht, sagt Fraktionsvorsitzender Steiner. „Hier setzt das Konzept der Radschnellwege an, denn wenn man sich die Verteilung der Nutzungen der Verkehrsträger auf dem Arbeitsweg anschaut, dann entfallen heute rund zwei Drittel auf den PKW und nur 9 Prozent auf das Fahrrad – ein riesiges Potential, das es zu heben gilt. Auch wird deutlich, dass Radschnellwege per se – und erst recht ein Radschnellwegenetz – zu einer signifikanten Reduktion des motorisierten Pendleraufkommens führen wird, weil das Radfahren auf ihnen sicherer, schneller und komfortabler ist.“ 

„Nicht nur die begonnenen Planungen und Realisierungen müssen nun zügig umgesetzt werden, sondern es gilt nun, sie zu einem NRW-weitem und verknüpften Konzept weiterzuentwickeln,“ ergänzt Vera Timotijević, verkehrspolitische Sprecherin der Kreistagsfraktion. „Radschnellwege sind dabei eine vergleichsweise günstige Infrastruktur. Die Kosten betragen ca. 1-1,5 Mio. Euro pro km Radschnellweg. Zum Vergleich: Ein Kilometer Autobahn kostet mindestens 10 Millionen Euro, in dichtbesiedelten Gebieten wie NRW deutlich mehr. Dass Radschnellwege sich dabei rechnen, zeigt das ermittelte Nutzen-Kosten-Verhältnis des Radschnellweg Regio.Velo, das rund 4 beträgt.“

Dies entspricht auch den Zielen der erfolgreichen Volksinitiative ‚Aufbruch Fahrrad‘, die im Jahr 2019 für einen verkehrspolitischen Wandel in NRW über 206000 beglaubigte Unterschriften gesammelt hatte, eine fahrradtaugliche Gesetzgebung. „Dazu wollen wir GRÜNE die Kommunen und Bezirksregierungen zur Aufstellung von Radverkehrsplänen verpflichten – alle fünf Jahre sollen diese Pläne überprüft und angepasst werden. Insgesamt fordern wir eine Integrierte Verkehrsplanung – eine Gleichbehandlung aller Verkehrsträger statt der bisher üblichen Bevorzugung des Autoverkehrs. Durch die verpflichtende Ausweisung unterschiedlichster Radstrecken – vom Radschnellweg über Radvorrangrouten bis zur sicheren innerstädtischen Radspur – soll der Anteil des Fahrrads am gesamten Verkehrsaufkommen von derzeit neun auf künftig 25 Prozent erhöht werden,“ sagt Steiner.

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