Seit zwei Jahren liegt nun schon das Lenk-Gutachten der Universität Leipzig vor, in dem Expertinnen und Experten die tatsächlichen Kosten, die den Kommunen für die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten entstehen, ermittelten. Der wissenschaftliche Bericht belegt, dass die jetzige Kopf-Pauschale im Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) von jährlich 10.392€ absolut nicht auskömmlich ist. Da die Städte und Gemeinden durchschnittlich etwa 2.500€ Mehrkosten pro Geflüchteten haben, empfiehlt das Gutachten eine entsprechende Anpassung der Pauschale.
Eine zweite Problematik in der jetzigen FlüAG-Ausgestaltung ergibt sich aus der restriktiven und auf drei Monate befristeten Auszahlung für Geduldete. Zum Stichtag 30.06.2020 lebten etwa 63.200 Geduldete in unseren Kommunen, ihre Zahl steigt kontinuierlich an. Zwar gewährt das Land NRW den Städten und Gemeinden auch für diese Personengruppe die FlüAG-Pauschale, jedoch nur bis zu drei Monate nach Eintritt der vollziehbaren Ausreisepflicht. Die Gründe für die Erteilung einer Duldung aus rechtlichen, humanitären oder persönlichen Gründen sind dabei sehr vielfältig. Gleichzeitig erschwert der unsichere Duldungsstatus den Betroffenen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sowie am Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Diese Umstände kritisieren wir Grüne schon seit Langem, da die Betroffenen einerseits einer hohen psychischen Belastung ausgesetzt sind und die Kommunen andererseits hohe finanzielle Aufwendungen für Geduldete ab dem vierten Monat für unbestimmte Zeit leisten müssen. Deshalb fordern wir, die viel zu hohen Hürden für eine gesetzliche Bleiberechtsregelung abzubauen und den Menschen hier so schnell wie möglich Perspektiven zu bieten.
Dass die Landesregierung auch zwei Jahre nach Veröffentlichung des Lenk-Gutachtens immer noch keine Änderungen im FlüAG vorgenommen hat, obwohl sie dies bereits 2018 angekündigt hatte und auch das Finanzierungsproblem der Geduldeten weiterhin ungelöst bleibt, grenzt an Politikverweigerung. Denn die mantraartige Begründung von Flüchtlingsminister Stamp und Kommunalministerin Scharrenbach, bisher sei keine Einigung zwischen Städten und Gemeinden erfolgt, ist spätestens seit Ende 2019 hinfällig. In einem Schreiben an die Landesregierung stellten die kommunalen Spitzenverbände ihr Kompromissmodell einer Pauschale vor. Und auch wir GRÜNE brachten zahlreiche Plenar- und Haushaltsanträge sowie Berichtsanfragen in den Landtag ein und forderten Anhörungen ein, um die Landesregierung zum Handeln zu bewegen. Doch all die Bemühungen blieben bislang ohne Erfolg.
Nach zwei Jahren Stillstand legt die Grüne Landtagsfraktion einen eigenen Gesetzentwurf zur FlüAG-Reform und einen Vorschlag für eine gestaffelte FlüAG-Pauschale vor. Ebenso soll die bisherige 3-Monatsregelung für Geduldete gestrichen werden, sodass die Kommunen auch in den Folgemonaten vom Land finanzielle Unterstützung bekommen. Der Gesetzentwurf wurde im Plenum debattiert und zur weiteren Beratung an den Integrations- und Kommunalausschuss überwiesen. Bei der Grünen Landtagsfraktion könnt ihr das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Zuweisung und Aufnahme ausländischer Flüchtlinge (Flüchtlingsaufnahmegesetz – FlüAG) abrufen.
Denn für uns ist klar: Es ist an der Zeit, dass das Land unseren Kommunen endlich ausreichend Mittel für die Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten zur Verfügung stellt.
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