Im Westmünsterland nehmen Kies- und Schottergärten in Siedlungsgebieten sichtbar zu, obwohl die Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) eine Begrünung nichtbebauter Flächen eindeutig vorsieht: Gemäß § 8 Abs. 1 BauO NRW wird das Ziel verfolgt alle unbebauten Flächen zu begrünen oder zu bepflanzen:
§ 8 BauO NRW 2018 – Nicht überbaute Flächen der bebauten Grundstücke, Kinderspielplätze
Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen
(1) Die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke sind
1. wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und
2. zu begrünen oder zu bepflanzen,
soweit dem nicht die Erfordernisse einer anderen zulässigen Verwendung der Flächen entgegenstehen.
Zweck der Norm ist die Bodenversiegelung zu begrenzen. Von dieser Regelung abgedeckt sind Beet Einfassungen oder Teilpflasterungen, nicht jedoch großflächige Versiegelungen. Diese gesetzliche Verpflichtung schafft einen Mindeststandard, der durch Festsetzungen in Bebauungsplänen konkretisiert und ausgedehnt werden kann. Für Niedersachsen, dessen Landesbauordnung eine vergleichbare Regelung vorsieht, wurde bestätigt, dass Stein-, Kies- und Schotterflächen auf nicht überbauten Grundstücksbereichen gegen die Niedersächsische Bauordnung verstoßen.
Kies- und Schottergärten sind also nicht lediglich eine Frage des Geschmackes – über den man wahrlich streiten darf. Bei einer mit Flies-, Kies- und Schotter versiegelten Fläche geht die natürliche Bodenfunktion verloren. Gerade in Hinblick auf Starkregenereignisse ist die Fläche nicht mehr in der Lage Niederschlagswasser aufzunehmen. Es drohen überflutete Keller und Flure, nicht nur bei einem selbst, sondern auch in der Nachbarschaft. Ebenfalls geht die ökologische Funktion eines gesunden Bodens verloren. Vögel und Insekten verlieren noch mehr Lebensraum als bei einer durch Hecken, Blumen und Bäume gestalteten Siedlung. Gleichzeitig wird Temperatur und Klima durch ein Übermaß an Kies, Steinen und Beton in einem Siedlungsraum negativ für uns Alle verändert. Deswegen verlangt die BauO NRW aus gutem Grund eine Begrünung nichtbebauter Flächen.
Leider lässt sich insbesondere – aber nicht nur – in Neubaugebieten ein gegenteiliger Trend beobachten. Private Flächen werden zunehmend versiegelt, mit Schotterflächen geschmückt und mit Gabionen umzäunt. Damit auf diesen Flächen nichts mehr keimt, werden diese vorab mit wasser- und lichtundurchlässigen Folien belegt. Aufkeimende Pflanzen zudem mit entsprechenden Mitteln vernichtet. Ein Problem, welches selbst der Bundesregierung bereits aufgefallen ist. So fordert das Bundesumweltministerium die Kommunen auf, „den Flächenverbrauch einzudämmen und zugleich mehr und höherwertige Naturflächen in den Städten zu schaffen: In privaten Gräten, Stadtparks … auf landwirtschaftlich genutzten Flächen in Stadtnähe… auf Brachen mit Spontanvegetation. Das alles ist Grundlage unserer urbanen Lebensqualität, ermöglichte Naturerfahrung und sorgt für ein besseres Ökologisches Gleichgewicht.“ Auch die Umweltminister der Bundesländer wollen mehr Grün in den Vorgärten. Auf einer Umweltministerkonferenz sprachen sie von einer beunruhigenden Entwicklung, ,,arten- und blütenreiche Gärten verschwinden auf Kosten steriler insektenfeindlicher Stein- und Schottergärten“.
Auch die Fachleute der Naturschutzverbände sehen diese Entwicklung äußerst kritisch. So stellte der NABU zur Zunahme von Stein und Schottergärten jüngst fest: ,,Gerade Vorgärten und kleine Grünflächen haben eine besondere Bedeutung für die Artenvielfalt und das Klima in der Stadt. Sie bilden ökologische Trittsteine für Pflanzenarten, Insekten und Vögel, die auf der Suche nach Nahrung und Nistplätzen von Trittstein zu Trittstein wandern. Grünflächen liefern saubere, frische Luft. Kies- und Steinflächen heizen sich dagegen stärker auf, speichern Wärme und strahlen sie wieder ab. Für das Stadtklima wird die Zunahme an Kies- und Steingärten zum Problem, vor allem, wenn zusätzlich notwendige Kaltluftschneisen durch neue Bebauungen wegfallen.“
Daher bitten wir darum den oben genannten TOP auf die Tagesordnung des nächsten Ausschusses für Wirtschaft, Verkehr und Bauen zu setzen und dabei folgenden Fragen zu beantworten:
- Welche Maßnahmen werden ergriffen um einerseits Kommunen, andererseits Bürger*innen über die oben genannten Vorgaben aus der BauO NRW aufzuklären?
- Welche Maßnahmen werden durch die Kreisverwaltung ergriffen, um weiteren Verstößen gegen § 8 Abs. 1 BauO NRW entgegenzuwirken?
- Könnte nach der Landesbauordnung im Einzelfall sogar der Rückbau bereits angelegter Steingärten angeordnet werden?
- Wie geht die Kreisverwaltung grundsätzlich mit Verstößen gegen die BauO NRW um?
- In vielen Bebauungsplänen ist die maximal zu versiegelnde Fläche vorgegeben. Wie wird die Einhaltung kontrolliert? Wer ist dafür zuständig?
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